Filmvorführung, Publikumsgespräch und Einführung
„Was wir hier zeigen, weiß der ganze Kontinent: Es ist das Gangsterstück, das jeder kennt.“ So eröffnet der Ansager Brechts Stück „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, ein Stück, das an Aktualität nichts eingebüßt hat. Und genau deshalb müsse es einmal wieder auf die Bühne gebracht werden, sagt der mittlerweile verstorbene Regisseur Uwe Bertram in Robert Fischers Dokumentarfilm. Das Projekt selbst entstand als Kooperation zwischen dem Theater an der Wasserburg, dem Stelzentheater „Die Stelzer“, dem kleinen Familienzirkus BOLDINI und einer Gruppe außergewöhnlicher Musiker. Was zunächst als Kollaboration sehr unterschiedlicher Künstler mit definierten Rollen beginnt, entwickelt sich im Laufe der Proben zu einem echten Zusammenwirken, bei dem jeder vom anderen lernt und sich verändert. Auch Kunst und Leben tauschen dabei mitunter die Rollen. Durch Interviews, Performanceausschnitte, die Dokumentation des gemeinsamen Lebens und Arbeitens und die Herstellung des politischen Kontexts gelingt es dem Filmemacher, dass man als Zuschauer vom Engagement der Darsteller mitgerissen wird und in einer fellinesken Welt aus revuehaften Nummern, Artistik und traumgleichen Momenten im und vor dem Zelt landet. Ein grandioses Spektakel, das in keinem Moment die düstere Wahrheit des Arturo Ui vergessen lässt. „Ihr aber lernet, wie man sieht statt stiert“, heißt es im Epilog des Stücks. Was dabei die Rolle der Kunst sein kann, zeigt uns Robert Fischers Film.
Robert Fischer
Robert Fischer begann Mitte der 1970er Jahre über Film zu schreiben und wurde mit seinen Büchern über Alfred Hitchcock, Orson Welles, David Lynch, Quentin Tarantino, Jodie Foster, Bernhard Wicki, Jean-Pierre Melville, Rainer Werner Fassbinder, Robert Bresson, André Bazin und François Truffaut bald zu einem der bedeutendsten Filmhistoriker Deutschlands. Nach einer fünfjährigen Tätigkeit als stellvertretender Direktor des Münchner Filmmuseums, wo er an der Rekonstruktion der unvollendeten Filme von Orson Welles beteiligt war, wurde er 1999 selbst zum Filmemacher. Sein Dokumentarfilm „Monsieur Truffaut Meets Mr. Hitchcock“ (1999) wurde in der Cinemathèque Française in Paris, im Film Forum in New York und in der American Cinematheque in Los Angeles gezeigt. Fischers Dokumentarfilm „Milos Forman: Film is Truth“ (2000) eröffnete die Forman-Retrospektive auf dem Münchner Filmfest. „Fassbinder in Hollywood“ (2002) und „Ernst Lubitsch in Berlin“ (2006) wurden beide im Museum of Modern Art in New York gezeigt.
D 2022, R/S: Robert Fischer, K: Laura Ettel, Robert Fischer, T: Florian Brüning, Robert Fischer, Daniel Kettner, P: Robert Fischer, Wolfgang Hauck, M: Georg Karger, Pit Holzapfel, Emir Kusturica, Dejamn Sparavalo, Alexandra Mijatovic
90 Minuten
„Das Arturo Projekt eint den Zirkus des Lebens. Im wahrsten Sinne des Wortes veranschaulicht es meisterhaft und akrobatisch das zirzensische Element der Bühnenpräsentation mit dem Zauber der Illusion: der Filmkunst. Nirgendwo ist eben dies so gut nachzuvollziehen wie auf einem Zirkuswagen, dem Cinemamobile, oder in einem Zirkuszelt. Zwischen diesem Zirkuszelt der Stadtteilwoche und jenem des Kirchendaches der Pfarrgemeinde Sankt Ulrich lässt sich sinnlich nachvollziehen, was dieses Porjekt wertvoll macht: zu erkennen, was nicht mehr passieren darf: Hass, rechte Gesinnung und Ausgrenzung!“ (Wolf Gaudlitz)
Filmscreening, Publikumsgespräch und Einführung mit dem Regisseur Robert Fischer, Theaterleiter Wolfgang Hauck und Wolf Gaudlitz.
Durchgeführt von:
Wolf Gaudlitz mit dem Wüstenkino, www.wolf-gaudlitz.de, www.arturoprojekt.com